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Am
Morgen zum 03.05. gegen
3.30 Uhr weckte mich
meine Hündin. Bijou
musste mal raus. Das
kannte ich schon von den
letzten vier Nächten,
sie hatte sich
irgendetwas eingefangen
und hatte Durchfall. Sie
war behandelt worden,
bekam Schonkost und
eigentlich sollte das
jetzt besser sein. Um
5.30 Uhr dasselbe Spiel:
Bijou steht neben meinem
Bett und zeigt mir
deutlich, dass sie raus
muss. Jetzt merke ich,
dass sie hechelt und
sehr unruhig ist, die
ersten Anzeichen der
bevorstehenden Geburt?
Leichte Senkwehen hatte
ich schon am Vortag
festgestellt.
Wir
gehen in den Garten,
dort gräbt sie an
unserer Hecke. Wieder
zurück im Haus legt sie
sich neben das Bett
meines Mannes. Diesen
Platz hatte sie sich
schon bei der letzten
Geburt als Wurfstätte
ausgesucht. Damals hatte
sie entschieden, dort
und nirgendwo anders
ihre Welpen zu bekommen.
Und obwohl diese Stelle
mir sehr ungeeignet
erschien, ließen wir sie
gewähren, da es nach der
Geburt des ersten Welpen
ganz leicht ist die
Mutter zum Umzug in die
Wurfkiste zu überreden,
mit dem Welpen auf dem
Arm folgt einem die
Hündin überallhin.
Von
8.00 bis 9.00Uhr gehen
wir im nahe gelegenen
Wald spazieren. Bijou
hechelt und gräbt
krampfhaft an
verschiedenen Höhlen,
die sie bereits vor
Tagen angelegt und
ständig erweitert hat.
Zuhause zurück,
verweigert sie das
Fressen, legt sich
wieder neben das Bett,
hechelt kaum, aber atmet
schnell und flach. Immer
wieder dreht sie sich
um, jammert auch mal
leise, leckt sich, und
schläft dann wieder.
Gegen 13.30 Uhr beginnt
sie wieder zu hecheln,
wird sehr unruhig,
wechselt dauernd die
Position – und schläft
dann wieder. Beim
nächsten Spaziergang um
ca. 14.00 Uhr gräbt sie
wie besessen an einer
Höhle und verschwindet
fast komplett darin. Sie
lässt sich nicht rufen
und ich muss selbst mit
hineinkriechen um sie an
die Leine zu nehmen. Auf
dem Rückweg hockt sie
sich mehrmals hin, nimmt
die Defäkationshaltung
ein, es kommt aber
nichts. Um 14.45 Uhr
daheim angekommen, läuft
sie schnurstracks ins
Schlafzimmer und legt
sich jetzt neben mein
Bett. Dort bleibt sie
bis etwa 15.30 Uhr still
liegen und hechelt oder
atmet dann wieder nur
sehr schnell. Dann steht
sie plötzlich auf, gräbt
am Teppichboden, läuft
auf die andere
Bettseite, sitzt dort
hechelt stark – und legt
sich wieder hin. Etwa
16.00 Uhr verlangt sie
raus, läuft ums Haus,
wieder rein, legt sich
kurz in den Flur und
zurück ins Schlafzimmer.
Meine Tierärztin
informiere ich um 16.30
Uhr über die anstehende
Geburt, ich soll Bijou
jetzt alle zwei Stunden
das homöopatische Mittel
zur Wehenanregung geben
und auch schon Calzium,
da die Temperatur so
niedrig ist. Als mein
Mann ca. 17.45 Uhr nach
Hause kommt, wird Bijou
sehr unruhig, läuft
herum, hechelt, legt
sich immer wieder
woanders hin, leckt.
Um
18.00 Uhr geht etwas
Schleim ab. Sie gräbt im
Garten und ist weiter
sehr unruhig. Nach einer
halben Stunde legt sie
sich wieder neben das
Bett, ich gebe ihr noch
einmal das homöopatische
Mittel zur
Wehenanregung. Bald
darauf erkenne ich, dass
Bijou drückt. Nur kurz,
aber mehrfach, jedoch
nicht stark genug. Um
19.00 Uhr gehe ich mit
ihr in den Garten, wir
laufen ums Haus. Zurück
auf ihrem Lager, drückt
sie weiter, immer noch
nicht kräftig genug.
Warum geht es nicht
weiter, langsam werde
ich nervös. Nachdem ich
ihr abermals das
hom.Mittel verabreiche,
werden die Wehen etwas
stärker. Wir laufen noch
eine Runde durch den
Garten, dann beginnt sie
zu pressen. Sie zerreißt
die Laken, gräbt,
zittert. Etwa um 20.30
Uhr verliert sie
Fruchtwasser. Immer
öfter und stärker presst
sie, doch es geht nicht
voran.
Bewegung soll helfen,
also laufen wir wieder,
ohne Erfolg. Wenn eine
Hündin länger als eine
halbe Stunde erfolglos
presst, wird es
gefährlich. Bijou´s
früheren Geburten waren
leicht und gingen immer
zügig voran. Irgendetwas
stimmt hier nicht. Ich
ziehe einen Handschuh an
und versuche die
Stellung des Welpen zu
ertasten. Und da fühle
ich ein Schwänzchen.
Daran ziehen darf man
nicht, da man das
Rückgrat des Welpen
verletzen könnte. Ich
drücke mit dem Finger
gegen die Innenseite
der Vulva, um dadurch
eine extra starke Wehe
auszulösen. Es
funktionierte! Um 21.15
Uhr, nach einer weiteren
Wehe ist die kleine
Hündin aus ihrer
Steißlage befreit und
wir atmen auf.
Exakt nach einer Stunde
und schier endlosen
Preßwehen wird die
zweite Hündin in
Kopflage geboren. Sie
ist noch komplett in der
Fruchtblase und wird von
der Mutter ruckzuck
ausgepackt und versorgt.
Auch der nächste Welpe
lässt eine Stunde auf
sich warten: Da Bijou
schon erschöpft ist,
wollen wir die Wehen
durch Bewegung wieder in
Gang bringen. Weil sie
sich nicht von ihren
Kindern trennen will,
legen wir die beiden
Welpen ins beheizte
Körbchen und nehmen sie
mit nach draußen in den
Garten. So folgt Bijou
mir, aber sie macht mir
sehr deutlich klar, dass
sie damit überhaupt
nicht einverstanden ist.
Sie greift mit den
Zähnen das Handtuch, das
ich zum Schutz über das
Körbchen gelegt habe und
zieht mich auf diese
Weise ins Haus zurück.
Dabei verliert sie fast
den dritten Welpen. Mein
Mann, der mit
Taschenlampe und
Handtuch hinter uns her
geht, kann die kleine
Hündin gerade noch
auffangen! Es ist jetzt
23.16 Uhr.
Bijou kommt nur kurz zur
Ruhe. Bald nachdem die
dritte Hündin geboren
und von ihr versorgt
wurde, wird sie erneut
von Wehen geplagt. Sie
preßt immer wieder, aber
ich habe das Gefühl,
dass es nichts bewirkt.
Die Wehen sind nicht
stark genug oder die
Hündin hat, sicher auch
durch die vorangegangene
Durchfallerkrankung,
nicht genug Kraft. Sie
quält sich fast zwei
Stunden lang, nichts
hilft – keine Bewegung,
kein homöopatisches
Mittel, keine sanfte
Massage. Ich klingele
meine Tierärztin aus dem
Bett, schildere die
Situation, wir sollen zu
ihr in die Praxis
kommen. Autofahren wirkt
ja manchmal Wunder und
so machen wir uns mit
Bijou und den Kleinen im
Körbchen auf den Weg.
Während der Fahrt geht
es weiter: sie scharrt
am Boden unseres Kombis,
winselt und jammert,
dreht sich im Kreis,
presst mehrmals,
verliert Fruchtwasser.
Sie versucht über die
Rückenlehne auf die
Rückbank zum Körbchen
mit den Welpen zu
kommen. In der Praxis
wird mein Hund
untersucht. Ein Welpe
steckt inzwischen im
Geburtskanal und die
Tierärztin kann den
kleinen Rüden während
einiger Wehen
herausziehen. Es ist
mittlerweile 1.00 Uhr
morgens. Erleichtert
fahren wir wieder heim.
Wir können noch mit ein
oder zwei Welpen
rechnen, deshalb ließ
ich mir Oxytocin, ein
Wehenmittel, zur
Vorsicht mitgeben.
Es
hieß, jetzt habe die
Hündin zwei Stunden
Zeit, dann sollte der
nächste Welpe geboren
sein. Zuhause in der
Wurfkiste pflegt Bijou
mit Hingabe ihre Welpen,
aber sie kann sich nicht
entspannen. Sie hat
Wehen und um 1.45 Uhr
verliert sie
Fruchtwasser. Es
wiederholt sich das
Erlebte: immer wieder
unproduktive Wehen,
Unruhe, Hecheln,….mein
armer Hund wird immer
schwächer. Um 2.45 gebe
ich ihr eine Spritze
Oxytocin, einige
stärkere Wehen folgen,
dann flauen sie wieder
ab. Es ist zum
Verzweifeln. Mehrmals
gehe ich mit ihr nach
draußen, laufe ums Haus,
gebe ihr hom. Mittel es
hilft alles nichts. Nach
einer weiteren Stunde um
3.35 gebe ich ihr eine
zweite Spritze. Für
kurze Zeit werden die
Wehen stärker, sie
verliert noch einmal
Fruchtwasser, giftgrün.
Ich vermute einen toten
Welpen. Die Wehen
flachen ab, mein Hund
ist völlig erschöpft.
Weil ich nicht mehr
weiter weiß, rufe ich um
4.00 Uhr morgens meine
Tierärztin noch einmal
an, wecke meinen Mann,
wir sollen erneut in
die Praxis kommen.
Sie
untersucht meinen Hund,
es ist kein Welpe im
Geburtskanal. Ein
Röntgenbild zeigt, dass
ein Welpe noch weit
hinten im Bauchraum
steckt. Bijou bekommt
ein Mittel zur
Entkrampfung und noch
verschiedene andere
Mittel injiziert. Wir
sollen noch einmal für
10 min. Autofahren,
vielleicht schaffen wir
es ja doch, die Geburt
wieder in Gang zu
bringen. Mittlerweile
ist es 5.00 Uhr morgens.
Zurück in der Praxis
wird Bijou ein weiteres
Mal untersucht, aber der
Welpe ist noch immer
nicht im Geburtskanal.
Die Ärztin stellt uns
vor die Wahl, entweder
nach Hause zu fahren und
noch mal zwei Stunden
abzuwarten, ob der Welpe
von allein kommt, da er
sehr wahrscheinlich tot
ist, kann es durchaus
noch solange dauern,
oder einen Kaiserschnitt
vorzunehmen. Ich sah auf
meine tapfere, kraftlose
Hündin und wollte sie
nicht noch länger diesem
Stress aussetzen.
Kaiserschnitt! Um 5.30
Uhr wird ein Rüde aus
meiner Hündin
herausoperiert. Er ist
ganz weiß, schlaff und
leblos. Der Tierarzt
rubbelt ihn kräftig,
massiert das kleine
Herz, und wir können es
nicht fassen: Der Welpe
lebt! Erst maunzt er
ganz leise, wird immer
lauter und fängt an zu
strampeln. Welche
Freude! Während Bijou
genäht wird, muss ich
unentwegt den Welpen
bestaunen.
Unbegreiflich, für mich
ist es ein Wunder, dass
dieses kleine Hundekind
lebt und genauso munter
ist wie seine
Geschwister.
Welch ein Glück, dass
wir uns für den
Kaiserschnitt
entschieden haben,
weitere zwei Stunden
hätte er bestimmt nicht
geschafft.
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